Quartalsbericht Q4-2020: Unsere Belastbarkeit bewiesen
Vier Mal im Jahr veröffentlicht Oikocredit Fakten und Zahlen für das vorangegangene Quartal. Dieser Beitrag enthält zusätzliche Hintergrundinformationen, um unseren Anleger*innen und anderen Interessierten einen Einblick in die Entwicklungen im vierten Quartal 2020 zu bieten.
Umgang mit Covid-19 und wirtschaftlicher Ungewissheit
Die Coronavirus-Pandemie (Covid-19) sorgte auch in Q4 2020 für ein uneinheitliches Bild. In einigen Ländern zeichnete sich eine gewisse wirtschaftliche Erholung ab, doch gab es auch „zweite Corona-Wellen“ und erneute Lockdowns. Die wirtschaftliche Ungewissheit blieb weit verbreitet. Oikocredit schloss das Jahr mit Dankbarkeit gegenüber ihren Mitgliedern und Anleger*innen für ihre Treue ab sowie in dem sicheren Gefühl, ihre Partnerorganisationen solidarisch unterstützt zu haben. Und nicht zuletzt mit gestärkter Zuversicht in ihr Geschäftsmodell.
Im vierten Quartal haben wir mit 563 Partnerorganisationen in 63 Ländern in Afrika, Asien, Lateinamerika und der Karibik zusammengearbeitet und sie unterstützt.[1] Oikocredits Portfolio ausstehender Finanzierungen und Kapitalbeteiligungen verringerte sich in Q4 geringfügig um 1,3 Prozent auf 845,1 Millionen Euro. Damit war dieser Rückgang deutlich geringer als im Vorquartal. Er spiegelt die Tatsache wider, dass viele Partner ihre Darlehen im Laufe des Quartals tilgen konnten, sowie unsere Vorsicht bei der Auszahlung neuer Kredite an bestehende und neue Partner. Dennoch stieg die Kreditvergabe von 143 Millionen Euro im Vorquartal auf 243 Millionen Euro. Ein weiterer Faktor, der dieses Ergebnis beeinflusste, war die Aufwertung des Euro – und in geringerem Maße des US-Dollars – gegenüber Lokalwährungen.
Bei Bedarf ermöglichten wir Partnern auch weiterhin Zahlungsaufschub. Wir hatten damit gerechnet, dass unsere Partner länger brauchen würden, erfreulicherweise konnten viele jedoch die planmäßigen Zahlungen wieder aufnehmen. Zum Jahresende benötigten nur noch 69 Partner, deren Darlehen wertmäßig 20,5 Prozent unseres gesamten Kreditgeschäfts ausmachen, Zahlungspausen. Der Anteil ausfallgefährdeter Kredite mit PAR 90 (portfolio at risk, PAR), bei dem die Rückzahlungen mehr als 90 Tage überfällig sind, ist im Quartal von 6,9 auf 5,8 Prozent gesunken.
Oikocredit verzeichnete im Quartal einen Nettoverlust. Damit belaufen sich die Verluste für das Gesamtjahr 2020 auf 22,2 Millionen Euro gegenüber einem Nettogewinn von 14,3 Millionen Euro im Vorjahr. Dieses Ergebnis entsprach unseren Erwartungen und den zuvor mit unseren Mitgliedern und Anleger*innen geteilten Informationen. Zugleich ist dieses Ergebnis Ausdruck unserer bei Ausbruch der Pandemie getroffenen Entscheidung, Maßnahmen zum Schutz unseres Kapitals zu ergreifen. Unsere Liquiditätsquote erhöhte sich in Q4 leicht von 31,9 Prozent auf 33,1 Prozent der Bilanzsumme: ein sehr viel geringerer Anstieg als im Vorquartal. Vor dem Hintergrund der beispiellosen Situation im vergangenen Jahr ist das Ergebnis des zurückliegenden Geschäftsjahres durchaus zufriedenstellend.
Treue und Engagement der Mitglieder und Anleger*innen
Ein entscheidender Faktor für unseren Erfolg war die Tatsache, dass unsere Mitglieder und Anleger*innen – letztere über unsere Förderkreise und die Oikocredit International Share Foundation – trotz der wirtschaftlichen Unwägbarkeiten in Oikocredit investiert blieben. Unser Mitgliederkapital, einschließlich der bis Ende November 2020 insgesamt aufgenommene Ausgabe- bzw. Rücknahmeanträge, sank um 2,4 Prozent: von 1.131,7 Millionen Euro in Q3 auf 1.104,1 Millionen Euro. Damit fiel dieser Rückgang vor dem Hintergrund der weltwirtschaftlichen Lage geringer aus als erwartet. Mit 210,50 Euro verringerte sich der Nettoinventarwert (NAV) pro Anteil nur sehr geringfügig (Q3: 210,54 Euro). Hier beobachten wir eine Stabilisierung. Im gesamten Jahr ging der NAV von 214,41 Euro um 1,8 Prozent zurück.
Konsequente Maßnahmen sichern Geschäftsmodell
Oikocredit verfolgte weiterhin ihren seit Beginn der Krise eingeschlagenen Kurs. So blieb unser Geschäftsmodell auch im vierten Quartal leistungsfähig. Wir blieben online und telefonisch in engem Kontakt mit unseren Partnern. Neben Refinanzierungen und Zahlungsaufschüben haben wir im Laufe des Jahres 38 Partner in 19 Ländern mit Soforthilfen aus unserem Coronavirus-Solidaritätsfonds unterstützt. Ferner boten wir zahlreichen Partnern Unterstützung beim Krisenmanagement sowie Schulungen und regelmäßige Online-Workshops, die auf große Resonanz stießen. Insbesondere freuen wir uns auch, dass wir unsere Beratungs- und Schulungsprogramme auch 2020 aufrechterhalten konnten – trotz Covid-19. Die Gesamtaufwendungen für das Jahr entsprachen mit 0,7 Millionen Euro dem Niveau von 2019. Unterstützt wurden 71 bestehende und potenzielle Partnerorganisationen in 26 Ländern.
Wie schon in den Vorquartalen hatte auch im vierten Quartal das Wohlergehen unserer Mitarbeiter*innen in Amersfoort und rund um den Globus höchste Priorität. Gearbeitet wurde weiterhin weitestgehend im Homeoffice. Dank des Engagements unserer Mitarbeiter*innen sowie der 2019 abgeschlossenen internen Umstrukturierung konnten wir den Auswirkungen der Pandemie rasch und effektiv begegnen und unsere Kosten unter Kontrolle halten.
Weitere Aussichten
Angesichts der 2020 verzeichneten Verluste und der mittelfristigen finanziellen Perspektiven wird der Vorstand mit Genehmigung des Aufsichtsrats der Generalversammlung im Juni 2021 vorschlagen, für 2020 keine Dividende auszuschütten. Das wird nicht nur Oikocredits Rücklagen und Mitgliederkapital schonen, sondern auch die Partnerorganisationen nach der Pandemie beim Wiederaufbau ihres Geschäfts unterstützen.
Auch das kommende Jahr wird mit Herausforderungen verbunden sein, wenn sich auch in einigen Ländern, in denen Oikocredit aktiv ist, bereits ein Aufschwung abzeichnet. Zwar mögen sich äußere Entwicklungen auf unsere Ziele auswirken, doch erwarten wir in der zweiten Jahreshälfte 2021 insgesamt eine wirtschaftliche Erholung. Gemeinsam mit ihren Stakeholdern arbeitet die Genossenschaft derzeit an einer neuen, wertebasierten Strategie für die kommenden Jahre, die sie 2022 vorstellen wird. Unser Modell, unsere Partner nachhaltig zu unterstützen und dabei unseren Mitgliedern und Anleger*innen sowohl finanzielle wie auch soziale Erträge zu bieten, hat seine Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Covid-19 hat nicht nur viele Menschenleben gefordert und Existenzgrundlagen erschüttert, sondern auch die bei der Bekämpfung von Armut und Ungleichheit weltweit erzielten Fortschritte – vor allem im Hinblick auf Frauen und Mädchen – zum Teil zunichte gemacht. Dies unterstreicht einmal mehr, wie wichtig unsere Arbeit ist. Wir sind entschlossen, noch stärker und besser aus dieser Krise hervorzugehen, um wirtschaftlich benachteiligte Gemeinschaften im globalen Süden nachhaltig zu fördern.
Oikocredits Geschäftsbericht für 2020, der Mitte April 2021 veröffentlicht wird, enthält weitere Informationen.
[1] In unseren Q3 Zahlen zum 30. September 2020 berichteten wir, dass wir mit 689 Partnern in 65 Ländern arbeiten. Die Methode, anhand derer wir die Anzahl unserer Partner in früheren Quartalsberichten erhoben (inklusive Partnern mit genehmigten aber noch nicht ausgezahlten Kreditsummen), stimmte jedoch nicht überein mit der Methode, die wir in unserem Jahresbericht verwendeten (exklusive Partnern mit genehmigten aber noch nicht ausgezahlten Kreditsummen). Fortan werden wir auch in unseren Quartalsberichten die Methode aus unseren Jahresberichten anwenden. Dementsprechend zählten wir in Q3 604 Partner.