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Finanzielle Inklusion: Welchen Chancen und Herausforderungen begegnet Oikocredit in der Praxis – in Kambodscha, Südostasien und weltweit?

Finanzielle Inklusion: Welchen Chancen und Herausforderungen begegnet Oikocredit in der Praxis – in Kambodscha, Südostasien und weltweit?

05. April 2024

Ein Gespräch mit Tes Pilapil, Ging Ledesma und Dave Smit von Oikocredit über aktuelle Entwicklungen im inklusiven Finanzwesen.

Der Bereich der finanziellen Inklusion ist mit rund 75 Prozent der größte im Oikocredit-Portfolio. Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff, inwiefern unterscheidet er sich von Mikrofinanz und warum ist dieser Sektor für eine nachhaltige Entwicklung in den Ländern des Globalen Südens so wichtig? 

Wir sprachen dazu mit Tes Pilapil (Regionaldirektorin für Südostasien), Ging Ledesma (Direktorin für Strategie und Nachhaltige Wirkung) und Dave Smit (Direktor für Impact Investments) von Oikocredit, die den Bereich des inklusiven Finanzwesens aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. 

Was sind die wichtigsten Entwicklungen, die Sie in den letzten Jahren im Mikrofinanzsektor beobachtet haben, insbesondere in Bezug auf den Zugang zu Finanzdienstleistungen, deren Nutzung und Wirkung?

Ledesma: Auf globaler Ebene ist der Mikrofinanzmarkt komplexer und komplizierter geworden. Anfangs ging es einzig darum, Kleinunternehmer*innen Darlehen zur Verfügung zu stellen. Doch wurde uns bald klar, dass nicht jeder Mensch unternehmerisch tätig sein kann. Wirtschaftliche Benachteiligung ist nicht nur eine Frage des mangelnden Zugangs zu Krediten, sondern auch eine Frage der mangelnden Resilienz. Es gibt keinen Puffer. Ein Hurrikan oder ein Erdbeben kann den gesamten Besitz zerstören, aber die Schulden bleiben. Deshalb haben sich Mikrokredite zu Mikrofinanz weiterentwickelt: Es geht also nicht nur um Kredite, sondern auch um andere Finanzdienstleistungen. 

Smit: Aber Oikocredit geht es nicht allein um Mikrofinanz, sondern um den Zugang zu allen Finanzdienstleistungen. Man darf nicht vergessen, dass der Zugang zu sicheren Sparprodukten sowie zu finanzieller Grundbildung und Aufklärung ebenfalls zur Resilienz und zum Wohlbefinden der Menschen beiträgt. Bei der finanziellen Inklusion konzentriert sich Oikocredit auf drei Segmente: a) Mikrofinanzinstitutionen (MFI), die verantwortungsvolle Finanzdienstleistungen für wirtschaftlich benachteiligte Menschen bereitstellen und so finanzielle Absicherung, Resilienz und wirtschaftliche Emanzipation fördern, b) Finanzinstitutionen, die kleinste, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) unterstützen. Diese Institutionen bieten KKMU verantwortungsvolle Finanzdienstleistungen und tragen zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen sowie zur wirtschaftlichen Stärkung der Unternehmen bei. Und c) sonstige Finanzintermediäre. Dies sind insbesondere Genossenschaften, die Bäuer*innen Finanzierungen und Ausbildungsmaßnahmen bieten, sowie Fintech-Plattformen, die Kredite und andere Finanzdienstleistungen anbieten. 

Pilapil: Die meisten Menschen in Kambodscha, Indonesien und den Philippinen sind bereits überproportional vom Klimawandel betroffen. Außerdem hat uns die Covid-19-Pandemie deutlich vor Augen geführt, dass wir völlig unzureichend auf derartige Ereignisse vorbereitet sind. Andererseits gab es zahlreiche Katastrophenfälle, in denen die Oikocredit Partnerorganisationen ihre Kund*innen in der größten Not wirksam unterstützt haben. Die MFI-Filialen vor Ort nutzten ihre Standortvorteile, um flexible kundenorientierte Services – sowohl finanzieller als auch anderer Art – zu leisten. Diese waren direkt nach der Katastrophe für die Unterstützung von Kund*innen von unschätzbarer Bedeutung. Im Anschluss daran haben wir auch MFI erlebt, die ihre Kund*innen aktiv beim Wiederaufbau begleiten und Darlehen zu günstigeren Bedingungen vergeben, bestehende Kredite umstrukturieren und Trainingsmaßnahmen anbieten. Das ist genau das, was bedürftige Menschen in Krisenzeiten brauchen – es stärkt ihre Widerstandskraft. Unsere Partnerorganisationen sind mittlerweile stark für diese Bedürfnisse sensibilisiert und haben ihre Kapazitäten ausgebaut, um ihnen gerecht zu werden.  

Inwiefern können Mikrofinanzdienstleistungen in Südostasien, aber auch weltweit dazu beitragen, den Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und anderen Basisleistungen zu verbessern?  

Ledesma: Im Krisenfall brauchen wirtschaftlich benachteiligte Menschen Rücklagen, Versicherungsschutz und Notfallkredite. Das gilt ja für uns alle. In meinen 18 Jahren bei Oikocredit habe ich immer wieder beobachtet, was Mikrofinanz leisten kann. Durch Mikrofinanz können Familien beispielsweise die Krankenhausbehandlung ihrer Kinder finanzieren, weil sie dank ihrer Ersparnisse in der Lage sind, eine Anzahlung auf die Behandlungskosten zu leisten. Mikrofinanz ist ein zentrales Element einer Entwicklungspolitik, die sich nicht auf Spenden beschränken will. Allerdings kann Mikrofinanz auch negative Auswirkungen haben. Mikrofinanz ist vergleichbar mit einem Hammer: Man kann damit ein Haus bauen, aber auch Dinge zerstören. Es ist daher unerlässlich, dass die Mikrofinanzinstitutionen unseren Kund*innen gegenüber verantwortungsvoll handeln und die Einhaltung der Kundenschutzrichtlinien jederzeit sicherstellen. 

Zum Thema Kambodscha: Welche wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen müssen die Menschen dort derzeit bewältigen, und wie kann Oikocredit sie dabei unterstützen? 

Pilapil: Die Weltbank prognostizierte für Kambodscha ein Wirtschaftswachstum von 5,4 % im Jahr 2023. Diese Zuwachsrate ist zwar höher als in den vorangegangenen drei Jahren, liegt aber deutlich unter dem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 7,2 %, das das Land in dem Jahrzehnt vor Covid-19 verzeichnet hatte.1 Die Weltbank führt diesen Rückgang auf das schwierige weltwirtschaftliche Umfeld zurück, dem sich Kambodscha – als kleine, offene Volkswirtschaft – nicht entziehen kann. 

Hinzu kommt, dass ein großer Teil der Bevölkerung immer noch unterhalb der Armutsgrenze lebt: Die Hälfte der Kambodschaner*innen muss mit 4,15 US-Dollar oder weniger am Tag auskommen, so die aktuellen Armutsdaten der Weltbank.2 Als Sozialinvestorin spielt Oikocredit eine wichtige Rolle: Die Genossenschaft erleichtert wirtschaftlich benachteiligten Menschen den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten, die sie benötigen, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Im Laufe der Jahre haben wir über unsere Mikrofinanzpartner Menschen in Kambodscha mit maßgeschneiderten Finanzdienstleistungen unterstützt. Aktuell arbeitet Oikocredit in Kambodscha mit sechs sorgfältig ausgewählten Mikrofinanzorganisationen zusammen. Diese Organisationen teilen unsere sozialen Werte und Ziele und fühlen sich hohen Kundenschutzstandards verpflichtet. Oikocredit stellt etwa 0,5% der Finanzierung für MFI in diesem Sektor bereit. Zum 30. September 2023 betrug das Volumen der von Oikocredit vergebenen und noch ausstehenden Kredite 46 Millionen Euro. Aktuellere Daten liegen derzeit nicht vor. Der gesamte Mikrofinanzsektor in Kambodscha hat ein Volumen von über 10 Milliarden Euro3 und umfasst über 80 zugelassene Mikrofinanzinstitutionen. 

Smit: Im Rahmen unseres gemeinschaftsorientierten Ansatzes schauen wir uns auch genau an, in welchen Gemeinschaften unsere Projekte am meisten zur Stärkung ihrer Resilienz beitragen. Im Mittelpunkt stehen dabei Initiativen in den Bereichen Bildung, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Wohnen und Gemeinschaftsinfrastruktur, sowohl mit bestehenden als auch mit neuen Partnerorganisationen. Wir finanzieren Lösungen und bieten in allen Projektphasen Beratung und Schulungen. Dabei beziehen wir seriöse Partnerorganisationen und Geldgeber*innen ein, die unseren Ansatz unterstützen. 

Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen haben wir zusätzliche Möglichkeiten herausgearbeitet, um die Resilienz unserer Kund*innen zu stärken, wie beispielsweise durch die zuverlässige Versorgung ihrer Gemeinschaften mit sauberem Trinkwasser. Zusammen mit unserem Mikrofinanzpartner Chamroeun haben wir in Kambodscha eine WASH4-Initiative gestartet, um zwanzig private Wasserversorger zu finanzieren. Eine unserer globalen Partnerorganisationen leistet dabei Unterstützung in Form von Finanz- und Ausbildungsmaßnahmen. 

Welche Möglichkeiten und welche Grenzen sehen Sie für den Mikrofinanzsektor in Kambodscha? 

Ledesma: Oikocredit erkannte als eine der ersten Sozialinvestoren das Potenzial der Mikrofinanz, sowohl im Positiven als auch im Negativen. Deshalb haben wir entsprechende Standards aufgestellt und Instrumente zur Beurteilung der sozialen Wirkung konzipiert. Und deshalb unterstützen wir auch weiterhin Initiativen in Kambodscha, die sich für eine strengere Regulierung einsetzen: durch Kreditrichtlinien, die Einrichtung eines Kreditbüros und die Einführung eines effektiven Beschwerdemechanismus. 

Oikocredit ist auf diesem Gebiet Vorreiterin: Wir fühlen uns unserem sozialen Auftrag, der Teil unseres Selbstverständnisses ist, zutiefst verpflichtet. Wir sind daher der Auffassung, dass es unklug wäre, uns jetzt einfach aus dem Land zurückzuziehen und unsere Kredittätigkeit einzustellen, denn schließlich profitieren Hunderttausende bedürftiger Menschen von verantwortungsvoller und ethischer Mikrofinanz. Leider haben informelle Geldverleiher, unregulierte Anbieter und Unternehmen, die nur auf ihren Gewinn aus sind, auch diejenigen Kreditinstitute in Verruf gebracht, die verantwortungsvoll handeln. Oikocredit arbeitet nicht mit unseriösen Anbietern zusammen. Im Gegenteil: Wir distanzieren uns ganz entschieden von derartigen Organisationen. 

Indem wir uns auch weiterhin in Kambodscha engagieren, können wir uns für eine strengere Regulierung und deren praktische Umsetzung in diesem Sektor einsetzen, um einen wirksamen Schutz für unsere Kund*innen zu gewährleisten. 

Wie denken Sie über die digitale Transformation in Südostasien? Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich daraus? 

Pilapil: Diese Entwicklung ist für die Zukunft der Region und insbesondere den Finanzmarkt hochinteressant. Vor allem mobiles Banking ermöglicht eine stärkere finanzielle Inklusion und verringert die Abhängigkeit vom informellen Sektor. Damit haben auch die unteren Einkommensgruppen kostengünstigen Zugang zu Apps und Finanzdienstleistungen. Menschen in ländlichen Gegenden müssen keine weiten Wege zu einer Bankfiliale auf sich nehmen, sondern können die entsprechenden Leistungen über ihre Handys abrufen. Allerdings erfordert die Weiterentwicklung dieser Leistungen ein gewisses Maß an Finanzkompetenz und Wachsamkeit, um sich online in einem sicheren Umfeld zu bewegen. Wichtig ist auch die Sensibilisierung für eine gute Datenpraxis und Themen wie Datenschutz. Oikocredit arbeitet gemeinsam mit ihren Partnerorganisationen daran, Kund*innen das notwendige Wissen zu vermitteln, damit sie fundierte Finanzentscheidungen treffen können.  

Smit: Durch die wachsende Zahl von Menschen, die Mobiltelefone und das Internet nutzen, schreitet auch die digitale Transformation des Finanzdienstleistungssektors immer schneller voran. Dabei gewinnen zunehmend Apps an Bedeutung, die die Übertragung von Mobilfunkguthaben von Nutzer*in zu Nutzer*in, also praktisch den Zahlungsverkehr, ermöglichen. Zudem dienen sie als digitale Geldbörse. Nicht zuletzt reduziert die Technologie die Transaktionskosten und Finanztransaktionen können schneller abgewickelt werden. Wir gehen davon aus, dass die digitale Transformation zunehmend finanzielle Kompetenz und Bildung vermitteln wird – auch über das rein Finanzielle hinaus. Das fördert die Resilienz und schafft eine Situation, von der alle profitieren: Der Finanzdienstleister trägt weniger Risiko und die Nutzer*innen sind insgesamt besser aufgestellt. 

Oikocredit hat kürzlich die Ergebnisse der dritten Umfrage zur Eigenwahrnehmung von Kund*innen veröffentlicht. Dabei wurden über 40.000 Kund*innen (u. a. in Südostasien) zu wesentlichen Veränderungen in ihren Lebensumständen in den vorangegangenen zwölf Monaten befragt. Welche Bedeutung hat diese Umfrage für Ihre Kund*innen? Und welche Erkenntnisse ziehen Sie aus der Umfrage? 

Ledesma: Durch die Umfrage haben wir eine Fülle von Erkenntnissen und Sozialdaten zur Veränderung der Lebensumstände gewonnen. Im Jahr 2023 befragten wir in Kooperation mit 34 Partnerorganisationen in 15 Ländern über 40.000 Kund*innen zu Faktoren wie Einkommen, geschäftlicher Entwicklung, privaten Ersparnissen, Zugang zu Grundversorgungsleistungen sowie der Fähigkeit, die Kosten der eigenen Gesundheitsversorgung zu decken.  

Eines der wichtigsten Ergebnisse ist, dass die überwiegende Mehrheit der Kund*innen (74 %) die Wirkung der Finanzdienstleistungspartner von Oikocredit in den letzten zwölf Monaten als positiv empfunden hat. 54 % berichteten von einer Verbesserung ihrer Einkünfte und Ersparnisse – trotz extremer Wetterereignisse mit negativen Folgen für die Einkommenssituation von 47 % der Umfrageteilnehmer*innen. 84 % der Befragten gaben an, dass ihr Einkommen in den letzten zwölf Monaten ausreichend oder sogar mehr als ausreichend war, um ihre Grundbedürfnisse zu decken. 

Die Ergebnisse der Umfrage stellen die Prioritäten der Kund*innen in den Mittelpunkt unserer Arbeit und bilden die Grundlage für unsere Entscheidungsfindung sowie Beratung und Schulungen. Je besser wir die Veränderungen in den Lebensumständen unserer Kund*innen nachvollziehen können, desto besser können wir sie betreuen.  

Pilapil: So haben zum Beispiel mehrere Partnerorganisationen in Kambodscha und Indonesien nicht nur ihr Online-Training ausgeweitet, sondern auch ihre Social-Media-Aktivitäten zu finanziellen und betriebswirtschaftlichen Themen. Eine kambodschanische Partnerorganisation hat bereits Basiswerte für Bildung, Wohnen und infrastrukturelle Verbesserungen erarbeitet. 

Oikocredit will Chancen für Menschen schaffen und eine positive Wirkung erzielen. Wie stellt Oikocredit sicher, dass ihre Wirkung auf Partnerorganisationen und deren Kund*innen auch tatsächlich positiv ist? Nach welchen Kriterien wählt Oikocredit ihre Partnerorganisationen aus? 

Smit: Die Wahl der richtigen Partnerunteorganisation ist für Oikocredit von zentraler Bedeutung. Vom ersten Treffen bis zur Unterzeichnung des endgültigen Vertrags ist es ein langer Prozess, der sehr viel Sorgfalt erfordert. Doch die Mühe bei der Auswahl der Partner lohnt sich, und die Beziehungen zu Partnerorganisationen halten oft über viele Jahre hinweg. Neben einer Marktanalyse und einer Prüfung des Daten- und Zahlenmaterials besuchen wir potenzielle Partner grundsätzlich auch vor Ort. So verschaffen wir uns einen persönlichen Eindruck und klären, inwieweit unsere Ziele übereinstimmen. Oikocredit geht bei der Zulassung neuer Partnerorganisationen nach einem stringenten Verfahren vor, das Wirkung, Risiko und Ertrag auf ausgewogene Weise berücksichtigt. Im Rahmen dieses Verfahrens nutzt Oikocredit zwei Scorecards: Die erste – die Project Viability Risk Scorecard, kurz: PVR – bewertet die finanzielle Leistungsfähigkeit des betreffenden Unternehmens. 

Ledesma: Die zweite ist die Environmental, Social and Governance (ESG) Scorecard, mit der wir die ökologische und soziale Wirkung sowie die Unternehmensführung der potenziellen Partnerorganisation untersuchen. Dabei berücksichtigen wir sieben zentrale Faktoren, wie zum Beispiel Maßnahmen zur Vermeidung von Überschuldung von Kund*innen sowie eine faire und transparente Preisgestaltung. Diese Kriterien und Schutzprinzipien basieren auf den internationalen Best-Practice-Grundsätzen sowie den Marktstandards für Impact Investing. 

Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf Ihre Arbeit in Südostasien? Was bedeutet der Klimawandel für Ihre Partnerorganisationen in der Region?  

Pilapil: Wie gesagt gilt diese Region weltweit als eine derjenigen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. An unserer Umfrage zur Selbsteinschätzung im Jahr 2023 gaben 52 Prozent der Befragten in Asien an, dass sich extreme Wetterereignisse in den vorangegangenen zwölf Monaten auf ihre Einkünfte ausgewirkt hatten. Den Prognosen zufolge wird der Meeresspiegel steigen. Hinzu kommen immer extremere Hitzewellen, Überschwemmungen, länger andauernde Trockenzeiten und immer unberechenbarere Wetterlagen.  

Kambodscha ist aufgrund seiner geografischen Lage besonders anfällig für klimabedingte Katastrophen wie Überschwemmungen und Dürren. Diese Ereignisse haben negative Auswirkungen auf die Entwicklungsziele und die wirtschaftliche Stabilität des Landes.5 Auch Indonesien ist aufgrund seiner ausgedehnten Küstenregionen durch den Klimawandel stark gefährdet, insbesondere durch den steigenden Meeresspiegel und die immer häufiger auftretenden Starkregenereignisse.6 

Die zunehmende Häufigkeit und Schwere klimabedingter Gefahren werden aller Voraussicht nach zu einem Rückgang der landwirtschaftlichen Produktivität und der Arbeitsproduktivität führen. Der Klimawandel zerstört Existenzgrundlagen und zwingt Menschen, ihre Heimat zu verlassen. Auch das belastet die sozioökonomischen und ökologischen Systeme.7 Dies könnte wiederum Millionen von Menschen in die Armut8 stürzen und die Fortschritte zunichtemachen, die Mikrofinanzkund*innen, Partnerorganisationen und Oikocredit erreicht haben.  

Wir arbeiten gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen daran, dass die ökologische Wirkung in ihr Netto-Unternehmensergebnis einfließt. Seit November 2023 haben wir eine Reihe von Trainings zum Environmental Performance Management (EPM) durchgeführt. Dieses Programm soll MFI dabei unterstützen, relevante Strategien und Maßnahmen auszuarbeiten, um ihre Umweltrisiken zu steuern und ökologische Chancen zu nutzen. Das erfordert ein klares und differenziertes Verständnis der Risiken, die sich auf die MFI und ihre Kund*innen auswirken, sowie auch der von ihnen selbst verursachten Risiken. Von grundlegender Bedeutung sind dabei die Entscheidungen zur Steuerung dieser Risiken und zur Bereitstellung von Ressourcen, um die entsprechende Systemstruktur umzusetzen.  

Smit: Der Klimawandel ist ein Thema, das die Menschen in der ganzen Welt zunehmend betrifft, und das gilt natürlich auch für Südostasien. Ob es sich dabei um Veränderungen in den klimatischen Abläufen handelt, durch die sich die Erntezeiten verschieben, oder um immer extremere Wetterereignisse: Im Ergebnis müssen sich die Menschen anpassen und Wege finden, die negativen Folgen abzumildern. In einigen Fällen könnten sich sogar neue Chancen ergeben. Für unsere Partner bedeutet der Klimawandel, dass sich ihre Risiken potenzieren. Insofern ist es besonders wichtig, die klimabedingten Übergangsrisiken richtig einzuschätzen. Auch unsere Partnerorganisationen übernehmen zunehmend Verantwortung, indem sie ihre Kund*innen bei der notwendigen Umstellung und der Anpassung an die veränderten Umstände unterstützen. 

Das Gespräch führten wir mit

Tes Pilapil   Tes Pilapil ist Regionaldirektorin für Südostasien bei Oikocredit. Pilapil engagiert sich seit über 30 Jahren in verschiedenen Entwicklungsinitiativen der Region, davon 18 Jahre bei Oikocredit. 
Ging Ledesma   Ging LedesmaDirector of Strategy & Sustainable Impact bei Oikocredit, kam 1999 als Deputy Regional Manager für Südostasien zu Oikocredit, wurde 2009 die erste Oikocredit-Managerin für Social Performance und trat 2012 als Director of Social Performance & Credit Analysis in das damalige Managementteam ein. Im Jahr 2015 wurde Ledesma Director for Investor Relations and Social Performance und gleichzeitig für zehn Monate Interimsgeschäftsführerin. 2019 übernahm sie die Verantwortung für die neue Abteilung Social Performance Innovation. Seit Juli 2022 ist sie Director Strategy & Sustainable Impact. Vor ihrer Tätigkeit für Oikocredit arbeitete Ging Ledesma für verschiedene Organisationen in Asien, u. a. für Asia Partnership for Human Development in Hongkong und für das National Secretariat for Social Action, Justice and Peace auf den Philippinen.
Dave Smit   Dave Smit kam 2022 als Direktor für Impact Investments zu Oikocredit. Mit über zwei Jahrzehnten Erfahrung im Impact Investing verbrachte er den Großteil seiner beruflichen Laufbahn vor Oikocredit in Führungspositionen bei der niederländischen unternehmerischen Entwicklungsbank FMO. Smit war für Fremd- und Eigenkapitalportfolios in Afrika, Asien und Lateinamerika verantwortlich und hat umfangreiche Kenntnisse finanzielle Inklusion, erneuerbare Energien und Landwirtschaft. 


Aktuelles zu der Meldung, die die drei Nichtregierungsorganisationen in Bezug auf den Mikrofinanzsektor Kambodschas bei der niederländischen NKS eingereicht haben, finden Sie hier: Große Gemeinsamkeiten und verbindliche weitere Schritte im NKS-Dialog über Mikrofinanzierungen in Kambodscha - Oikocredit Deutschland 

Quellenangabe:

1 https://blogs.worldbank.org/en/eastasiapacific/cambodia-2030-economic-slowdown-offers-opportunity-speed-reforms [Abgerufen am 02.04.2024] 

2 https://blogs.worldbank.org/en/eastasiapacific/cambodia-2030-economic-slowdown-offers-opportunity-speed-reforms [Abgerufen am 02.04.2024]

3 Jahresaufsichtsbericht 2022 der Nationalbank von Kambodscha

4 WASH ist die Abkürzung für "Water, Sanitation, Hygiene", dt. "Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene".

5 https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2023/10/31/acting-on-climate-change-is-key-for-cambodia-to-achieve-its-development-goals [Abgerufen am 02.04.2024]

6 https://www.weforum.org/agenda/2021/08/southeast-asi-weather-extremes-global-warming-2030-ipcc-report/ [Abgerufen am 02.04.2024]

7 https://www.undp.org/asia-pacific/press-releases/climate-change-threatens-worsen-poverty-hunger-asia-pacific-and-stall-progress-sdgs-warns-new-report [Abgerufen am 02.04.2024]

8 https://www.imf.org/en/Publications/fandd/issues/2021/09/climate-change-and-inequality-guivarch-mejean-taconet [Abgerufen am 02.04.2024]

 

 

 

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